Pflegekrise: «Wir müssen uns der Konkurrenz in Luxemburg stellen, ohne konkurrieren zu können»

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Pflegekrise«Wir müssen uns der Konkurrenz in Luxemburg stellen, ohne konkurrieren zu können»

MONT-SAINT-MARTIN – Das französische Krankenhaus nahe der luxemburgischen Grenze kämpft mit erheblichem Fachkräftemangel. Ursache ist, laut der Akteure, der ungleiche Wettbewerb.

Yannis Bouaraba
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Yannis Bouaraba

AFP

Drei Kilometer von Luxemburg entfernt liegt das Krankenhaus Mont-Saint-Martin. Und es hat ein Problem: Ihm fehlen 52 Pflegekräfte und 37 Pflegehelfer. Zurückzuführen ist das, zumindest teilweise, auf die Abwanderung von Pflegekräften ins Großherzogtum. Das Phänomen ist zwar nicht neu, rückte aber beim Besuch des französischen Gesundheitsministers François Braun vor dem Hintergrund der allgemeinen Krankenhauskrise in Frankreich in den Vordergrund.

Martine Etienne von der linkspolitischen Koalition NUPES hob das Einstellungsproblem direkt an den Minister gewandt hervor: «In Mont-Saint-Martin stehen wir vor großen Rekrutierungsschwierigkeiten. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung, die das öffentliche Krankenhaus in Frankreich anbietet, machen uns nicht attraktiv. Wir müssen uns der Konkurrenz in Luxemburg stellen, mit der wir nicht konkurrieren können», schimpfte sie. Sie verwies auf die unterschiedlichen Gehälter, die auf beiden Seiten der Grenze für angehende Pflegehelfer geboten werden.

Marine Holtz ist Pflegeleiterin in Mont-Saint-Martin und selbst, trotz finanzieller Reize in Luxemburg, den umgekehrten Weg gegangen. In Frankreich ausgebildet, versuchte sie es später auch auf der anderen Seite der Grenze, fand nach einigen Monaten aber wieder den Weg zurück nach Frankreich.

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«Finanziell gibt es gar nichts zu sagen, aber beruflich habe ich mich nicht zurechtgefunden», erklärt sie. Sie ist kein Einzelfall. In zwei Wochen wolle eine weitere Krankenschwester aus Luxemburg nach Frankreich gehen. In solchen Fällen handele es sich jedoch häufig um erfahrene Krankenschwestern und selten um junge Absolventen, heißt es.

«Diejenigen, die nach ihrer Ausbildung nur Luxemburg kennengelernt haben, werden wahrscheinlich nie wieder zurückkommen», so Marine Holtz. Um zu versuchen, der Entwicklung entgegenzuwirken, setzt das Personal des Krankenhauses in Mont-Saint-Martin auf andere Hebel. Mehr Studierende aufnehmen, Entwicklungsperspektiven eröffnen, «die berufliche Entwicklung aufwerten, Prämien anbieten».

«Diese Bewegung nach Luxemburg hat es schon immer gegeben. Sie ist wiederkehrend. Frankreich bildet für Luxemburg aus, und Luxemburg weiß das. In manchen Krankenhäusern bestehen ganze Abteilungen aus in Frankreich ausgebildeten Fachkräften», sagt Françoise Gajc, eine leitende Krankenschwester.

«Wir können den Abstand zu Luxemburg absolut nicht korrigieren»

Senatorin Véronique Guillotin brachte bei dem Treffen grenzüberschreitende Ausbildungsstrukturen ins Gespräch. Eine Idee, die die Aufmerksamkeit des Ministers François Braun erregte und auch anderswo Anklang findet: «Wenn man die Zahl der ausgebildeten Personen erhöht, entspricht man letztendlich dem Bedarf. Wenn man es sich von Anfang an zur Gewohnheit macht, zusammenzuarbeiten, ermöglicht das eventuell ein Hin- und Herwechseln. Dafür sorgen, dass auf beiden Seiten der Grenze der Bedarf gedeckt wird», erklärte Jean-Marc Borello, Leiter der SOS-Gruppe , die das Krankenhaus in Mont-Saint-Martin betreibt.

Sie versucht, «die Blutung zu lindern». Dafür habe man beispielsweise eine grenzüberschreitende Prämie von einigen hundert Euro eingeführt. Die Erfolge lassen sich in kleinen Schritten messen. «Wir schaffen es, genauso viele Zugänge wie Abgänge zu haben, das ist eine erste Leistung», so die SOS-Gruppe. Das Hauptproblem bleibt aber: «Wir können den Abstand zu Luxemburg absolut nicht korrigieren. Das ist für uns nicht realisierbar.»

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