Polizeigewerkschaft SNPGL – «Wir Polizisten haben kein Privatleben»

Publiziert

Polizeigewerkschaft SNPGL«Wir Polizisten haben kein Privatleben»

LUXEMBURG – Luxemburgs Polizisten wollen künftig nicht nur Verbrecher, sondern auch die Beamtenreform einkassieren. Notfalls will man Kampfmaßnahmen ergreifen.

Bereit zum Kampf: SNPGL-Präsident Pascal Ricquier (r.) und Generalsekretär Christian Pierret.

Bereit zum Kampf: SNPGL-Präsident Pascal Ricquier (r.) und Generalsekretär Christian Pierret.

Jörg Tschürtz

Ein Streik bei der Polizei? Das kann sich in Luxemburg allein schon aus rechtlichen Gründen niemand vorstellen – dennoch drohten Polizeigewerkschafter der SNPGL am Mittwoch mit Arbeitskampfmaßnahmen, sollte die Regierung in den nächsten zwei Monaten ihren Kurs nicht korrigieren. SNPGL-Präsident Pascal Ricquier und Generalsekretär Christian Pierret begründen den Schritt gegenüber L’essentiel mit einer «riesigen Unzufriedenheit» im Kader. Was steckt hinter der Drohkulisse?

Wie die Gewerkschafter vorrechnen, verliert jeder Polizist durch das blau-rot-grüne Sparpaket und die Beamtenreform jährlich zwischen 4200 und 5300 Euro. Zuschüsse durch die öffentliche Hand für Telefon-, Müll- und Abwassergebühren müssen sich die Beamten künftig abschminken. Der Staat hat die entsprechenden Verträge mit den Beamten bereits zum 31. Mai gekündigt. «Ein Szenario wie in einer Diktatur», sagte Ricquier kürzlich zu dieser Zeitung. «Ohne zu fragen nimmt uns die Regierung einfach diese Ausgleichszahlungen weg.» Nächster Streichkandidat werden wohl die Dienstwohnungen sein, fürchtet Ricquier.

Doch wenn alle den Gürtel enger schnallen müssen, warum nicht auch die Polizei? «Wir Polizisten haben kein Privatleben. Wir müssen immer bereit sein. Wir fragen nicht um mehr Geld, sondern wir verlangen das, was uns zusteht», entgegnet der Personalvertreter.

Einsam auf Streife

Der Druck auf die 1750 Polizisten im Land nimmt stetig zu. Im Zuge der Schwerpunktaktion gegen die Einbruchskriminalität mussten Beamte teilweise einzeln Streife fahren, um die Patrouillenzahl für die Statistik hoch zu halten. Zudem seien Dienststellen nur unzureichend besetzt gewesen, sagt die SNPGL. Nachwuchs, der die Lücken auffüllen könnte, ist kaum in Sicht: Letztes Jahr haben nur 34 von 65 Kandidaten die Polizeischule erfolgreich bestanden.

Die Gewerkschaft fordert die Regierung nun zum Handeln auf. Dass Polizisten statt auf der Besoldungsstufe C1 auf der niedrigeren D1 eingeordnet werden, sei «inakzeptabel» und würde den Berufszweig für Einsteiger noch unattraktiver machen. Die Gewerkschaft fordert nun sogar den höheren Karrieregrad B1 für alle Polizeiinspektoren. «Wir haben kürzlich eine Schlichtung beantragt. Das ist die letzte Chance für eine gütliche Lösung mit dem Beamtenministerium. Falls nicht, ziehen wir vor das Verwaltungsgericht», sagt Ricquier.

Aktionen auch während Ratspräsidentschaft

Auch vor «gewerkschaftlichen Maßnahmen» will man dann nicht mehr zurückschrecken. Wie diese konkret aussehen sollen, darüber hüllen sich die Personalvertreter in Schweigen. Ricquier schließt jedoch nicht aus, dass die Aktionen auch während der sicherheitstechnisch heiklen Phase der Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft zwischen Juli und Dezember stattfinden könnten. «Die öffentliche Sicherheit und die Verbrechensbekämpfung werden jedoch auf keinen Fall davon beeinträchtigt werden.» Von einem Streik oder Arbeitsniederlegung sei keine Rede.

Kollege Pierret sieht trotz allem ein «Licht am Horizont». Mit der neuen Polizeispitze ziehe man an einem Strang, um die anstehende Reform der Behörde zu meistern. «Wir werden den neuen Chefs zur Seite stehen und ihnen helfen, die Polizeireform aufzustellen. Ich glaube, dass Philippe Schrantz das hinbekommt. Aber es kommt auch auf das Ministerium an», sagt Ricquier. «Auch wir wollen, dass Ruhe in der Polizei einkehrt. Aber wenn uns Dinge nicht passen, dann werden wir streiten.»

(Jörg Tschürtz/L'essentiel)

Deine Meinung zählt