Gal Gadot«Wonder Woman» spielt Orgasmuspionierin
Hedy Lamarr war Sexbombe, Männermagnet und Wi-Fi-Wegbereiterin. «Wonder Woman»-Darstellerin Gal Gadot ehrt sie nun in einer TV-Serie.

Die Schauspielerin Gal Gadot wird für den US-Sender Showtime in die Rolle einer realen «Wonder Woman» schlüpfen: In einer Miniserie soll sie Hedy Lamarr (1914–2000) verkörpern, die im vergangenen Jahrhundert sowohl als Schauspielerin als auch mit ihrem Privatleben und ihrer Erfindung für Aufsehen sorgte (siehe Bildstrecke). Doch wer war diese Lamarr überhaupt?
Erster Orgasmus auf der Leinwand
Ihre Anfänge machte die gebürtige Österreicherin, die mit richtigem Namen Hedwig Eva Maria Kiesler hieß, in den 1930er-Jahren. Nach der Schauspielausbildung in Berlin drehte sie rasch – begünstigt durch ihr Aussehen – die ersten Filme. Richtig berühmt wurde sie dank des tschechischen Arthouse-Streifens «Ekstase» (1933), dem wohl ersten nicht pornografischen Film, der Sexszenen und einen weiblichen Orgasmus zeigte:
Lamarr und die Liebe
So viel Aufmerksamkeit die Sexszene erregte, so abwechslungsreich war auch das Liebesleben der Darstellerin. Im Jahr, in dem «Ekstase» erschien, heiratete sie den schwerreichen Waffenfabrikanten Fritz Mandl. Es sollte die erste von insgesamt sechs Hochzeiten sein. Lamarr war bekannt dafür, ihr Bett mit zahlreichen Männern – und Frauen – zu teilen.
Nach der ersten Verliebtheit zeigte Lamarrs Gatte Nummer eins sein wahres Gesicht. Er war herrisch und eifersüchtig. Mandl ging sogar so weit, ihr das Schauspielern zu verbieten. Er versuchte sogar, alle Kopien des Skandalfilms aufzukaufen – jedoch ohne Erfolg.
Statt seine Frau zu unterstützen, schleppte er sie – eine Jüdin wohlgemerkt – mit zu Treffen mit Geschäftspartnern wie Adolf Hitler und Benito Mussolini. Stundenlang saß sie neben ihm und lauschte den Gesprächen über Waffen und technische Details. Etwas, das sich später noch auszahlen sollte.
Flucht nach Übersee
Glücklich war Hedwig in dieser Beziehung nicht. Ihr Wunsch, sich wieder der Schauspielerei zu widmen, wuchs kontinuierlich. Um ihrem besitzergreifenden Mann zu entkommen, floh sie über Paris, London und New York nach Los Angeles, wo sich «die schönste Frau der Welt» in Hedy Lamarr umbenannte und schnell Karriere machte. Sie spielte unter anderem mit Größen wie Clark Gable, Spencer Tracy und James Stewart.
Von der Leinwand ins Patentamt
Neben der Schauspielerei interessierte sich Hedy Lamarr auch für das Weltgeschehen. Als die Nazis 1940 mit U-Booten alliierte Schiffe torpedierten, beschloss sie, ihren Beitrag zu leisten. Sie nutzte das militärische Wissen, das sie sich in ihrer ersten Ehe angeeignet hatte, und arbeitete in aller Heimlichkeit am sogenannten Frequenzspreizverfahren. Bei diesem ändert das Funksignal ständig die Frequenzen. Das Verfahren sollte es erlauben, Torpedos kabellos zu lenken, ohne dass sich das Signal orten lässt.
Der Durchbruch kam, als sie an einer Dinnerparty den US-Komponisten und Pianisten George Antheil kennenlernte: Mit ihm zusammen perfektionierte sie das sogenannte Frequency Hopping Spread Spectrum (FHSS) und schuf so die Grundlage aller kabellosen Datenkommunikation.
Am 11. August 1942 war es so weit. Das US-Patent Nr. 2.292.387 für ein «geheimes Kommunikationssystem», das zwischen 88 Funkfrequenzen wechseln konnte, wurde ausgestellt. Doch das US-Militär nahm die Erfindung von zwei Künstlern nicht ernst.
Auch der Dokfilm «Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr» widmet sich Hedy Lamarr. (Video: Glomex)
Späte Genugtuung
Erst zur Zeit der Kuba-Krise 20 Jahre später kam das Verfahren beim Militär zum Einsatz. Heute ist die Frequenzspreizung aus der Welt der kabellosen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Sowohl bei drahtlosen Telefonen zu Hause wie auch bei der GSM- und UMTS-Technik unserer Mobilfunksysteme wird sie eingesetzt. Doch Lamarr verdiente nie einen Cent daran. Sie und Antheil hatten damals das Patent dem US-Militär überlassen – obwohl sie von den Generälen belächelt worden waren.
Immerhin: 1997 bekam Hedy Lamarr von der Electronic Frontier Foundation den EFF Pionier Award verliehen. Außerdem wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz an ihrem Geburtstag, dem 9. November, der Tag der Erfinder gefeiert.
(L'essentiel)