Trump und RussenWurde Donald Junior Opfer einer Intrige?
Das Treffen des Präsidentensohns mit einer russischen Anwältin sei womöglich von Demokraten inszeniert worden, behauptet das Trump-Camp.

Kaum von seiner Europareise zurück, sieht sich US-Präsident Donald Trump erneut mit Vorwürfen wegen Russenkontakten konfrontiert. In zwei Artikeln schrieb die «New York Times», Trumps Sohn Donald Junior habe sich am 9. Juni 2016 mit der russischen Anwältin Natalia Veselnitskaia getroffen, die ihm schädliche Informationen gegen die demokratische Rivalin Hillary Clinton versprochen habe.
Die Artikel sind das Thema des Tages in Washington und könnten den neuen Präsidenten politisch schädigen. Grund: Dem Treffen wohnten auch der damalige Kampagnenchef Paul Manafort und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bei. Daher stellt es den ersten Hinweis zugunsten der These dar, dass sich das Trump-Camp nach seinem Vorwahlsieg mit Russen im Kreml-Umfeld abgesprochen haben könnte.
Um diesen Vorwurf zu entkräften, schreiten Trumps Rechtsvertreter, Regierungsmitglieder und politische Freunde zur Gegenattacke. Ihre Behauptungen haben drei Stossrichtungen:
1. Sie sagen, die Anwältin habe nichts Brauchbares geliefert
Wie die Website Circa berichtet, wurde Natalia Veselnitskaia das Einreisevisum in die USA verweigert. Die Anwältin erhielt bloß deshalb eine Ausnahmebewilligung, weil sie eine Verteidigerin des in den USA angeklagten Denis Katsiv war. Die diesem russischen Geschäftsmann gehörende Firma Prevezon Holdings wurde vor Gericht in New York der Prozess wegen Finanzdelikten gemacht.
Nach Informationen von Charles Grassley, dem Vorsitzenden des Justizausschusses im US-Senat, ist Katsiv für den Kreml die wichtigste Person im Kampf gegen das sogenannte Magnitski-Gesetz. Das 2012 nach dem Tod eines gegen Geldwäscherei aktiven Rechtsanwalts erlassene Gesetz erlaubt Sanktionen gegen Russen, die Menschenrechte verletzt haben. Präsident Wladimir Putin soll auf dieses Gesetz wütend sein.
Donald Trump Junior will nach einer Mitteilung vom Sonntag bei dem Treffen sehr schnell bemerkt haben, dass Veselnitskaia keine brauchbaren Informationen gegen Hillary Clinton liefern würde. Stattdessen soll sie rasch auf ihre eigentlichen Anliegen eingegangen sein: das Magnitski-Gesetz und das in dessen Folge verhängte Verbot von Adoptionen russischer Kinder durch Eltern in den USA. Laut einem Statement Veselnitskaias vom Samstag wurde «überhaupt nicht über die Wahlkampagne gesprochen.»
2. Sie sagen, das Treffen könnte von Demokraten inszeniert worden sein
Das Treffen mit Veselnitskaia wurde vom Musikpublizisten Rob Goldstone arrangiert, der an der Organisation von Trumps «Miss-Universe»-Schönheitswettbewerb von 2013 in Moskau beteiligt gewesen war. Der Publizist soll laut «Washington Post» an der Zusammenkunft teilgenommen haben.
Nach Mark Corallo, dem Sprecher von Trumps Anwälteteam, ist Goldstone mit der Firma Fusion GPS assoziiert. Diese Firma sei «von Demokraten beauftragt worden, Material gegen den Präsidenten zusammenzutragen» und habe das «gefälschte Steele-Dossier gegen Trump in Auftrag gegeben», schreibt Corallo. Am Sonntag suggerierte Trumps Stabschef Reince Priebus auf Fox News, Veselnitskaia sei womöglich von demokratischen Hintermännern ausgeschickt worden, um dem Republikaner Russenkontakte anzuhängen. Aus Trumps Perspektive handle es sich dabei um einen «großen Nothingburger».
3. Sie werfen dem Ex-FBI-Direktor Geheimnisverletzung vor
Weil Angriff die beste Verteidigung ist, stellten sich Trump-Leute am Montag voll hinter eine Recherche von «The Hill» gegen James Comey. Danach soll der von Trump gefeuerte FBI-Direktor Geheimnisse verraten haben, als er seine nach Gesprächen mit Trump verfertigten Notizen an einen Freund weitergab, der sie den Medien zuspielte.
Mehr als die Hälfte der sieben Memoranden «enthalten vertrauliche Informationen», schreibt das Magazin. Indem Comey sie aus den Händen gab, habe er FBI-Richtlinien über den Schutz geheimer Informationen verletzt, glauben laut «Hill» Mitarbeiter von beteiligten Kongressausschüssen.
In die Defensive versetzt, ergriff Präsident Trump die Comey-News sogleich als Waffe im Abwehrkampf. «James Comey übergab GEHEIME INFORMATIONEN den Medien», twitterte er am Montag. «Das ist so illegal!»
Doch die Legalität von alledem ist vorerst nicht geklärt. Sie zu beurteilen, ist die Aufgabe des Sonderermittlers Robert Mueller. Sein Untersuchungsbericht wird allerdings frühestens in Monaten erwartet.
(L'essentiel/sut)